Das Ende der Abstinenz?

Ich hätte nie gedacht, dass ich das einmal sagen – geschweige denn schriftlich festhalten – würde, aber ich kann das Verhalten von Kleinkindern nun um ein Vielfaches besser verstehen! Nachdem ich sieben Wochen lang durchgehend Zuhause war (abgesehen von meinen Sonntags-Wald-Spazierfahrten), habe ich mich gestern wieder einmal in die Großstadt kutschieren lassen. Und ja, was soll ich euch sagen? Man ist nach so langer Zeit Menschen-Abstinenz in einer Stadt völlig überfordert. Ich war es anfänglich zumindest. So viele Eindrücke, die auf einen einprasseln – die reinste Reizüberflutung.

Bei mir ploppten dann relativ schnell Bilder von Geburten auf.
So in etwa müssten sich also Neugeborene fühlen, wenn sie das erste Mal das Licht der Welt erblicken. Alles klar…“, dachte ich, während ich in lauter undefinierbare Mimik und vermummte Gesichter sah. Dadurch wurde mir auch bewusst(er), warum man in der frühkindlichen Phase noch nichts von der Welt mitbekommt. Denn ich meine, nachdem man zuerst neun Monate lang in einem Bauch genüsslich und wohlbehütet vor sich hin döst, wäre dies selbst für unsere sonstigen Verhältnisse ein zu großer Sprung ins kalte Wasser, wenn man danach sofort alles mitbekommen würde. 😉
Wobei ich mir immer noch einbilde, dass ich mich an gewisse Szenen aus meinen ersten Lebenstagen erinnern kann, aber das ist eine andere Geschichte…

Und im Gegensatz zu Babys kann ich mir ja zumindest aussuchen, worauf sich mein Augenpaar fokussieren möchte. Allerdings bringt hier wiederum meine Sitzhöhe, mit der ich unterwegs bin, ein gewisses Manko mit sich – da sich Ärsche stets auf meiner Augenhöhe befinden.

Nachdem mein Freund und ich ein paar Runden im Park gedreht haben, legte sich meine Anspannung allmählich. Wobei sich meine Kopfstimme jedes Mal aufs Neue bemerkbar machte, sobald uns Menschen entgegen kamen, oder einfach nur an uns vorbeigingen. So als würde sie uns auffordern und immerzu aufschreien wollen: „Juhuuu, ein Mensch! Und noch einer! Zwei, sogar drei! MENSCHEN! Lasst uns doch zu ihnen gehen!“, während ich diese Euphorie nicht ganz so teilen konnte und mich (klarerweise) in deutlicher Zurückhaltung gewogen habe.

Trotzdem war es ein sehr schöner Nachmittag, der ein Stück weit Normalität mit sich brachte. Ob das bereits ein Schritt in Richtung wiedererlangten Alltag gewesen ist? Man wird sehen.

24 Antworten auf „Das Ende der Abstinenz?

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  1. Na, andere Menschen schauen auch sehr oft auf Ärsche, nur dass diese sprechen, um sich als solche zu erkennen zu geben 😉

    Aber ja, diese Reizüberflutung stelle ich mir enorm vor, habe ich sie doch immer schon in einem Raum mit Menschen >2.

    Eine wunderschöne Woche!🌺

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    1. Hihi 😀 JA! Eine gewisse Zweideutigkeit ist auch in meinem Fall – recht dezent – aber durchaus beabsichtigt gewesen. 😉

      Kann ich voll verstehen, Räume mit Menschen weiß ich momentan gekonnt zu meiden… Draußen verläuft es sich wenigstens.

      Dankeschön, dir auch! Liebe Grüße 🌸

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    1. Ich befürchte so wie es sich momentan bei uns abspielt, wird die nächste Welle nicht lange auf sich warten lassen. Die Leute rennen schon wieder sämtliche Kaufhäuser, etc. ein…

      Ganz lieben Gruß! 💐

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  2. Sollte je ein Arsch meinen, er befände sich mit Dir auf Augenhöhe, würde ihn das zweifellos als Arsch auszeichnen und sogar ich hätte dann keine Schasm mehr, ihn in selbigen treten …

    Ansonsten kann ich nur sagen, dass sich meine ohnehin nie ganz unter zu kriegende Angst gerade wieder verstärkt – hier in Deutschland ist ein regelrechter Wettlauf zwischen den Bundesländern entbrannt, wer nun am schnellsten welche nächste „Lockerung“ herausschreit. Wenn ich mir dazu mein nächstes Umfeld so anschaue und gewahr werde, was da alles in diesem Rausch schon nicht mehr so ernst genommen wird und was überdies z.B. durch öffentliche Einrichtungen in der Kürze der Zeit gar nicht mehr leistbar ist, dann bekomme ich ein sehr gemischtes Gefühl in der Magengegend.

    Mehr schreibe ich dazu mal lieber nicht …

    Dir ganz liebe Grüße! 💚🌷

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    1. Es soll natürlich heißen: “ … sogar ich hätte dann keine Scham mehr, ihn in selbigen zu treten …“ (Meine zwei einzigen diensthabenden Tastaturfinger waren mal wieder nicht schnell genug … 🙄😢)

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    2. Ich muss gerade so über dein Kompliment lachen! 😀 Das muss ich mir merken – ein „Spruch“ ganz nach meinem Geschmack! 😉 Danke! 🤗

      Wow, ok. Daraus einen Wettlauf zu machen, ist ja mal sonderlich bescheuert. Aber selbst wenn es bei uns zumindest Bundesländerübergreifend und zaghafter gelockert wird, scheinen die Leute Möbel-, Bau- und Einkaufhäuser als erstes aufzusuchen – was ich nur schwer nachvollziehen kann. Also dass man da Angst bekommt, ist verständlich.

      Ganz schönen Abend! 😊⭐

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  3. toll zusammengefasst. Ärsche sieht man aus unserer Perspektive tatsächlich jede Menge. Treten ist in meinem Fall leider nicht drin.

    Ich hab mich auf Corona bezogen nicht einschüchtern lassen und bin weiterhin meinem mehr oder weniger normalen Alltag nachgegangen. Anders hätte ich es mir auch nicht vorstellen können. Na ja wir werden sehen was noch kommt.

    LG

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    1. Danke! Und ich kann dich beruhigen: jemanden in den Arsch zu treten, ist generell ein Ding der Unmöglichkeit geworden – dies würde einen engeren Radius benötigen als erlaubt ist. 😉

      Liebe Grüße 🌺

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  4. Sehr interessant, wie du deinen ersten Ausflug in die Großstadt nach 7 Wochen wahrgenommen und geschildert hast. Man hat sich schon so an die Nicht-Normaliät gewöhnt, dass einem die eigentliche Normalität seltsam vorkommt. Ich werde in den kommenden Tagen auch zum ersten Mal nach 8 Wochen wieder in die Innenstadt fahren und bin schon gespannt, was mich da so erwartet 😉

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    1. Ja, du sagst es! Es erscheint plötzlich alles so abnormal und so fiktiv und vor allem so unselbstverständlich. Wobei gerade letzteres auch irgendwie voll schön ist und viel zu selten wertgeschätzt wird.

      Na dann bin ich mal neugierig, wie es dir bzw. euch (mit deinem Hund) ergehen wird! 🙂

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  5. Hehe, du könntest ja eine „Hinternliste“ mit dir herum führen und Sternchen verteilen (oder eher Klopapierrollen? Oder sind die schon wieder out?)
    Aber ich kann ich dich SO gut mit der Überforderung verstehen! Ging mir vor ein paar Tagen nicht anders.
    Wobei ich die „Rückkehr“ zur „Normalität“ eher anstrengend finde im Moment 🙄 So viel Chaos und scheinbar weiß kein Körperteil im Staatsorgan, was das andere macht.
    Liebe Grüße!

    Gefällt 2 Personen

    1. Haha 😀 Ob ich es mit dieser Liste ins Guinness-Buch der Rekorde schaffen würde?? „Die längste *2-Buchstaben*-Bewertungsliste der Welt“ Oder doch eher ins Gefängnis? 🤔 Also wenn du demnächst Ärsche mit Sternchen herumlaufen siehst -> habe ich die Challenge accepted. 😉

      Aber ja, anstrengend trifft es ziemlich gut. Obwohl ich den Nachmittag sehr genossen habe – was größtenteils an der Begleitung lag – kam ich mir nach den paar Stunden vor als ob ich den ganzen Tag was-weiß-ich-was gemacht hätte. Selbst das Oberhaupt in meinem Kopf plötzlich war friedlich – dass „es“ sich mal mit einem einfachen Spaziergang geschlagen gibt, hätte ich mir auch nicht gedacht…

      Hab einen schönen Abend! 🤗

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  6. Ich wohne buchstäblich mitten in Berlin, bin also an viele Menschen gewöhnt, trotzdem geht mir ähnlich. Nach der ruhigen Zeit ist es einfach zu viel und zum Shoppen habe ich gar keine Lust, was sehr ungewöhnlich für mich ist. Interressante Gedanken.
    Lieben Gruß
    Ela

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  7. Das Geplapper in meinem Kopf kenne ich natürlich auch und die vielen Bilder und Filme dazu. Manchmal bringe ich beides mit Meditation zum Schweigen, in der ich nun wirklich nicht sehr routiniert bin, aber es geht, so ca. 15 Minuten lang. Hat das bei Deiner Kopfstimme auch schon mal funktioniert oder käme das überhaupt in Frage?

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    1. Meditation hilft mir „danach“ zum Abschalten und Runterkommen, aber während dieser Kopfstimmen-Ausbrüche kann ich mich schwer auf mich selbst fokussieren und mich dabei entspannen.

      P.S.: Schön, dass es dich beim Lesen meines Beitrages „Laut“ auf einen älteren Eintrag von mir verschlagen hat! 🙂

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