Ich bin unverhofft an Karten für Holiday on Ice gekommen. Für alle, die auf Nervenkitzel, imposante Shows und Akrobatik auf Kufen stehen – kann ich dieses Eiskunstlauf-Spektakel nur empfehlen. Keine Sorge, ich werde euch mit diesem Beitrag nicht spoilern, sofern man bei dieser Art der Unterhaltung überhaupt von einem „Spoiler-Alarm“ sprechen kann…
Aber ich hatte wieder einmal ein Erlebnis, der besonderen Sorte, das ich euch gerne erzählen möchte.
Kurz vor Beginn der Show: Wir kommen in die Veranstaltungshalle und wurden von einer Mitarbeiterin zu unseren Sitzplätzen geführt. Laut unseren Eintrittskarten hätten wir auf der linken Seite direkt vor der Bühne – die an einen langen, breiten Eis-Catwalk erinnerte – sitzen sollen. Noch am Weg fiel mir positiv auf, dass die ganze vordere Reihe für Rollstühle reserviert war und die hinteren Sitzplätze, dank der stufenförmigen Tribüne, ebenfalls eine uneingeschränkte Sicht genießen konnten. Dort angekommen, sahen wir, dass eine Dame mittleren Alters auf den Sitzplatz meiner Begleitperson saß und daneben ihre Freundin. Beide fingen plötzlich wild zu gestikulieren an und gaben ihre Missgunst über unser Antreffen bei der Mitarbeiterin zum Besten: „Na bitte nicht schon wieder ein Rollstuhl, die ganze Reihe ist schon voll, wir sehen gar nichts mehr und haben keinen Platz!“ Mir war die fragwürdige Beanstandung der Ladies erst gar nicht so bewusst. Ich dachte mir noch, ja vielleicht wussten sie nicht, dass vor ihnen Rollstuhlplätze wären und wollten unbedingt in der ersten Reihe sitzen. Abgesehen dass sie sich darüber vorab informieren hätten können, verflog mein Mitgefühl für die Beiden schnell, nachdem sie meinten, ich solle mich doch neben die Tribüne – inmitten des Fluchtweges – hinstellen und meine Begleitung könne ja stehen (sinngemäß anhand ihrer Gesten zitiert). Wie gerne hätte ich sowas in der Richtung gesagt, wie: „Ich überlasse Ihnen gern‘ meinen Sitzplatz, selbstverständlich und nur weil ich heute so gut drauf bin auf der Basis eines One-way-Tickets. Deal?“, leider machte mir der Akku meines Sprachcomputers wieder einmal einen Strich durch die Rechnung und so konnte ich die Diskussion nur kommentarlos mitverfolgen. Der Mitarbeiterin, die für die Zuteilung der Sitzplätze zuständig war, wurde die ganze Situation zu bunt und organisierte uns letztendlich die besten Plätze im Saal. Wir saßen also dann frontal der Bühne zugewandt und haben noch besser gesehen als zuvor. „Eine sogenannte Win-win-Situation, die Zwei haben ihren Willen durchgesetzt und wir mussten nicht mehr neben ihnen sitzen (oder gar stehen)“, dachte ich. Allerdings nahm die Geschichte da noch kein Ende, im Gegenteil. Der absolute Höhepunkt ereignete sich dann erst in der Pause, als ich beobachtete wie die zwei Damen die andere Rollstuhlfahrerin auch noch gebeten haben, ob sie sich auf die Seite stellen und ob ihre Begleitung nach außen rutschen könne, sodass die Beiden ihre Köpfchen ja keinen Millimeter mehr zu viel bewegen mussten…
DAS empfand ich dann nur noch als eine bodenlose Frechheit und an Dreistigkeit war das wirklich nicht mehr zu überbieten. Um noch zu Ende zu erzählen: die beiden Ladies haben auch dieses Mal das bekommen, was sie wollten. Und ich möchte ihnen den Triumph gar nicht aberkennen, anscheinend kommen sie mit dieser „Überlebensstrategie“ ja ziemlich gut zurecht. Ich wünsche ihnen nur, dass sie einmal in der Lage sein werden, ihre Scheuklappen abzulegen, denn dann würden sie auch an einem Rollstuhl problemlos vorbeisehen können…
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